Der Unsinn der Wissenschaftsdiskussion

Unsinn der Wissenschaftsdiskussion, Analytische Psychokatrharsis als Ausweg

Der Kampf zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften ist uralt. Geist oder Stoff, Materie oder Spirit, das  - könnte ein heutiger Hamlet sagen - ist hier die Frage.

Auch heute, im schon weiter fortschreitenden 21. Jahrhundert, wird dieser Kampf in noch unsinnigerer Weise ausgefochten wie früher. Es sind  die Kreationisten (die ein Wirken Gottes an erste Stelle setzen) und die Evolutionisten (die die Naturwissenschaft nach Darwin als alleinige Wissenschaft erhalten wollen), die Psychologen, Philosophen, Linguisten einerseits und die Physiker, Astronomen, Neurologen andererseits, die sich bekämpfen und dabei vollkommen aneinander vorbei reden. Ich sage das, um nur ein paar dieser Kampfhähne zu nennen, hinter denen auch konservativ rechte und liberal-utopistisch linke politische Kräfte stehen. Schon vor einiger Zeit hat sich der Religionsphilosoph  C. Kummer mit guten Argumenten um eine Lösung dieses Streites bemüht.  Kummer wollte den evolutionsbiologischen Ansatz von Theilhard de Chardin (dem Pater und Paläoanthropologen) wieder aufgreifen und relativieren: man sollte sagen, dass Gott nicht als ständig die Dinge Schaffender aufzufassen sei, vielmehr hätte er doch klugerweise die Dinge so geschaffen, dass „sie sich selbst machen", ihnen also eine Eigendynamik eingepflanzt.[1] „Gott schafft keine Kreaturen, sondern verleiht Kreativität", meint Kummer. Das ist gewiss ein fortschrittlicher Gedanke, aber braucht man dann den Namen Gott überhaupt noch? Geht nicht sein wesentlichster Bestandteil verloren? Wie kommt es dann noch zu einer Ethik, zu sinngebendem Verhalten, zu Aspekten der Moral? Weder mit einer verkürzten Schöpfung im Sinne der Theilhardschen Evolutionstheorie, aber sicher auch nicht mit einem permanenten göttlichen kreativen Sein kommt man hier weiter. Zwar versucht Kummer in einem fast pantheistischen Ansatz zu erklären, dass Gott dennoch stets gegenwärtig ist wie der „anteilnehmende Chef, der sich trotz aller Freiheit, die er lässt, an allem interessiert zeigt", aber dies klingt doch nach sehr reduzierter Passivität und Mechanik. Die Evolutionstheorie steht jedoch andererseits wissenschaftlich auf guten Füßen, wenn sie auch das Problem der Wissenschaft, nämlich wann und wo für diese ein endgültiger Zielpunkt erreicht ist, immer in die ferne Zukunft schieben muss.

Daher hat sich die Psychoanalyse als ideale Zwischenwissenschaft etabliert, denn sie hält es weder mit dem göttlichen  heydeck090003Geist noch mit der reinen Naturwissenschaft. Sie geht davon aus, dass es nicht nur um das wissenschaftliche  Objekt, sondern auch um das Subjekt der Wissenschaft gehen muss. Ob Gott nun einen Schalter umgelegt hat oder das Universum aus sich heraus entstanden ist, ist für den Psychoanalytiker egal. Für ihn ist die Frage nach einer Einheit am Anfang von allem, falsch gestellt. Für ihn gilt das, was die Mathematiker an den Anfang stellen, nämlich nicht eine Einheit, sondern die Menge. Cantors Mengenlehre war ein entscheidender Fortschritt für die Wissenschaften. Nun spuckt das Subjekt der Wissenschaft aber nicht einfach Zahlen aus, deren Menge dann irgendwie reguliert wird. Es benutzt nicht die Ordnung der Ziffern, sondern eine symbolische Ordnung. Es ist das, was letztlich auch die Mathematik tut und tun muss, denn sie muss erst mittels Worten Axiome errichten, muss sich ebenfalls zuerst an die Ordnung der Signifikanten (Bedeutungseinheiten) halten, bevor sie mit Zahlen operiert.  Das Universum - sagt J.       Lacan daher - ist die Summe aller Signifikanten, und nicht der Atome oder Gedanken, physikalischer oder geistiger Einheiten. Ein Signifikant, den wir vorerst einmal das STRAHLT (Natur, Physik) nennen könnten, und einer, den wir das SPRICHT (Geist, Sprache) heißen, steht am Anfang. So, und nur so entsteht zwischen ihnen das menschliche Subjekt.[2]

Kurz und anders gesagt: ob wir Gott oder Evolution sagen, ist egal, denn dieser Schritt ist nur der erste Teil. Die Diskutanten vergessen den zweiten Teil, der den ersten erst wirklich erkennbar werden lässt: nämlich das Subjekt der Wissenschaft, der Mensch als solcher, indem er zwischen den Signifikanten eingeklemmt ist, in ihre Kombination eingespannt ist. Lacans Satz, dass ein Signifikant Subjekt ist für einen anderen Signifikanten, erhält hier seine Gültigkeit und wird vollkommen klar. Wenn es einen Gott gibt, dann sind wir es, wir Menschen, die die Schöpfung und das ganze signifikante Naturgeschehen  eigentlich fertig machen, zu ihrem Ziel und zu Ende bringen müssen. Gibt es keinen, so sind wir in der gleichen Situation: wir müssen dann das, was für Ihn steht, oder das, für was Er steht, den theologischen, geisteswissenschaftlichen Signifikanten (wenn ich das einmal so sagen darf) selbst ersetzen. Also ist es umgekehrt, nicht irgendwelche schon fertige und fest definierte Bezeichnungen (Signifikate) stehen am Anfang, sondern die Menge der Signifikanten, die zwar bedeuten, aber nichts mit letzter Bestimmtheit sagen.

Auch der Semantiker G. Gamm der Ansicht, dass man sowieso nichts mit Bestimmtheit sagen kann, egal, ob man es jetzt als Dichter oder als Wissenschaftler tut, ob man von Sex redet oder von Liebe.[3] Für jedes also noch so elaborierte Sprechen gilt das Gleiche, was Heisenberg schon vor langer Zeit für die Physik formuliert hat: eine Unschärferelation, eine Unbestimmtheit. Die letzte Bestimmtheit kann nur das Subjekt selber haben, indem es sich - wenn man dies einmal so blöd sagen darf - irgendwie objektalisiert. Man darf es natürlich nicht so blöd sagen, und daher muss man das blande Zeichen als „etwas für jemand" ausdehnen auf die „Zeichen v o n jemand", also auf die Zeichen v o m Subjekt, Zeichen a n s t e l l e von jemand, die man eben auch die Signifikanten nennt: Natur-Gott-Gebilde, Materie-Geist-Geschöpfe, Naturalia-Universalia.

In diesem Sinne hat der australische Psychoanalytiker N. Symington versucht die Psychoanalyse als „wissenschaftliche Religion" zu konzipieren. Damit bemüht er sich um einen ähnlichen  Zugang, wie ich ihn gerade hier angedeutet habe.[4] Symington stellt sich gegen den „falschen Gott" der Offenbarungsreligionen (Juden-, Christentum und Islam) und möchte zurückgreifen auf die „Natural Religions" wie wir sie vielleicht noch in Religionen der Dritten Welt oder der Primärvölker sehen können. Während die monotheistischen Allmächtigkeitsreligionen einen Halt und auch einen gewissen Realitätszugang nur durch das Dogma geben, das starr und eng begrenzt ist - so Symington, tun dies die Nuturreligionen durch so etwas wie eine direkte „Wahrnehmungsliebe".[5] Der naturreligiöse Mensch - so Symington - identifiziert sich aus Liebe mit allem Sein seiner Umgebung und bekommt dadurch ebenso einen Halt und Realitätszugang; allerdings muss er dabei alle Höhen und Tiefen, alle Lust und Leid seiner Umgebung mittragen, was seine Erkenntnis, seine Wahrheit, die Kombination seiner Signifikanten, also ebenfalls einengt. Trotzdem möchte Symington an diesem naturreligiösen Zugang anknüpfen und ihn mit der Psychoanalyse verbinden, weil dies für die heutige Zeit der einzig wissenschaftliche Weg sei.

Doch so leicht geht das nicht. Wo bei der rigiden Offenbarungsreligion ein starres Gewissen gegenüber dem autoritativen Schöpfergott besteht, und damit eine orthodoxe Mächtigkeit selbst wirkt, sieht Symington in der Naturreligion die Kreativität im Menschen selbst aktiv und liebend wirken durch das, was er die „Dasheit" nennt (Thathood). Diese einfachen Menschen praktizieren sozusagen ständig ein gemeinsames „Das", was man psychoanalytisch auch ein positives Selbstobjekt nennen kann. Es geht also um ein inneres Selbstverständnis, das durch kleine Gesten und die „kleinen Dinge" des Lebens aufrecht erhalten wird.[6] Doch während die Monotheisten sich durch ihre Glaubensverschworenheit und Indoktrination auf fragwürdigem Niveau (Kriege und Unterdrückung) fest etabliert haben, ist die Konaturalität der „Wahrnehmungsliebe" samt den „kleinen Dingen" nicht wirklich groß geworden, und so fehlt dieser von Symington beschriebenen „wissenschaftlichen Religion" noch eine klare Verbindung zwischen diesem Verhalten auf der einen und der Psychoanalyse auf der anderen Seite und somit eine wirkliche Praxis. Denn damit die „Dasheit" nicht in zu kleinem Kreis und Unwissenschaftlichkeit verbleibt, muss sie durch eine Übung gestützt werden. Und hier greift Symington auf das altbewährte Meditieren, auf das „Inner Imaging" zurück, wie es in vielen Asiatischen Religionen und auch bei dem Psychoanalytiker C. G. Jung als „aktive Imagination" bekannt ist. Doch hier liegt der Hacken. Wie imaginiert man innere Bilder oder auch sonst Vorgänge wissenschaftlich exakt? Wie kommt man trotz Erhalt der „wahrnehmungsliebenden" Innigkeit gleichzeitig zu präzisen Aussagen wie sie die etablierten Religionen einfach durch die Echorethorik ihrer Glaubenssätze erreichen? Wie kommt der Mensch wirklich und praktisch aus der Klemme zwischen den all dieser Signifikanten heraus? Symington lässt hier noch viele Fragen offen.

Der zweite Schritt, dass wir die praktische Wissenschaft (mit Betonung auf der Praxis) zwischen Kreationisten und Evolutionsbiologen, zwischen Geist- und Naturwissenschaften (er)finden müssen, ist noch nicht getan. Während Symington mehr von der psychoanalytisch-geisteswissenschaftlichen Seite her kommt und in der nur geringen Vereinbarkeit von Theorie und Praxis endet, geht der Physiker M. König mehr von der naturwissenschaftlich-religiösen Seite her an das Problem der Wissenschaftsdiskussion dieser letzten Dinge heran.[7] Er erinnert etwas an die Bücher von Penrose und Tipler, beide ebenfalls Physiker und Bewusstseinstheoretiker. Der Wissenschaftler und Autor  F.J. Tipler ist   ein gutes Beispiel dafür, dass er - fast möchte man sagen - Hausarzt für alles sein und dazu noch Psychoanalyse betreiben will, obwohl er Physiker bleibt. Er versuchte eine totale Umformulierung der Wissenschaft und zwar nicht nur der Physik, sondern auch der  Theologie/Psychologie.[8] Dabei bleibt er aber den jeweiligen klassischen Sprachen dieser Wissenschaften völlig verhaftet.  Deswegen kommt er zu so grotesken Aussagen, wie der, die Toten würden real und individuell, nämlich durch eine Art von Computeremulationen wieder auferstehen und könnten so endlos miteinander kommunizieren. Tipler erkennt nämlich sehr wohl, dass die Physik mit ihrer Sprache irgendwo am Ende ist, aber er sieht eben auch, dass die Theologen/Psychologen etwas Wichtiges zu sagen haben und dass auch sie sich mit ihrer Ausdrucksweise in einer Zwickmühle befinden. Deswegen versucht er einen physikalisch-theologischen-psychologischen Diskursbogen zwischen beiden zu schließen, der jedoch in makabre Ungeheuerlichkeiten mündet. So behauptet er auch - einmal computeremulatorisch verwandelt könnte man auch zigtausendfachen Sex mit weiß Gott wem haben usw. usw.

Warum es ihm trotzdem gelungen ist, ein erfolgreiches Buch zu schreiben, liegt an der genialen Jonglierkunst, wie er mit den Begriffen umgeht. So z. B. mit dem Begriff der Identität. Identität besteht für ihn dann, wenn Systeme - und auch der Mensch ist für ihn ein, wenn auch sehr komplexes System - im gleichen Quantenzustand sind, also in diesem Zustand weiter nicht mehr messbarer materieller Unschärfe, der Emergenz. Der menschliche freie Wille aber ist nichts anderes, als ein „unvorhersagbarer  Phasenübergang im Gehirn" (das natürlich computeremulatorisch ersetzt werden kann), der dadurch zustande kommt, dass   -  tollkühn gesagt  -  „Restfluktuationen in der Vakuumenergiedichte notwendigerweise Quantengravitations-Unsicherheiten widerspiegeln, so dass ein auf diesen Fluktuationen beruhender Zufallsgenerator ontologisch indeterministisch wäre"! Kurz: des Menschen Zugang zur Quantengravitation ist irgendwo frei und doch eingebunden in einen Algorithmus, in eine Formelhaftigkeit, d. h.  Sprache. Er ist irgendwo psychisch frei handelnder Mensch und bewegt sich doch in Identitäten. Er ist gerade dadurch Mensch, dass er den Signifikanten (die ich vielleicht schon idealerweise mit dem STRAHLT und SPRICHT ausgedrückt habe)  unterworfen ist, d. h., dass er sie ernst nehmen muss, weil sie Wesen sind, die ohne Ich etwas zu Sagen und zu Zeigen haben! Die sich auch ohne Ich vergegenwärtigen. Wir Ichs müssen uns mit ihnen beschäftigen, damit wir selbst es sind, die das Wesentliche, Menschliche ausdrücken. Wenn man Tipler so auffasst, ist er gar nicht so dumm.

Doch warum muss ich den Begriff Identität quantenenergetisch   bestimmen?  Freud sagt, dass Identität ein unbewusster Vorgang ist. Dem könnte Tipler zustimmen. Nur Freud beschreibt dies in psychologischen Begriffen, die er  - allerdings -  durch diese Beschreibung mit erschafft. Aber damit gelingt es ihm, den Menschen in seiner als Ganzheit unterstellten Einheit zu fassen, also als  Subjekt des Unbewussten, als Subjekt einer Kombinatorik von Signifikanten, während Tipler immer das eine (z. B. die psychisch-organische Subjekthaftigkeit = Identität) in Begriffen des anderen (objektive physikalische Einheiten) ausdrücken muss. Theologische Zusammenhänge physikalisch ausdrücken zu wollen ist schon ein mutiger und kühner Akt, den Tipler vor allem wie bei den vorgenannten Beispielen dadurch für möglich hält, dass die Physik mit den „Quantengravitations-Unsicherheiten" (wie auch bei der Superstringtheorie) tatsächlich eine sehr große Unsicherheit, Spekulationsmöglichkeit offen gelassen hat.

Ähnlich, aber anschaulicher und sehr interessant, argumentiert M. König. Auf der STRAHLT-Seite, also auf der Seite sichtbarer Zeichen, ist seine Theorie der quantenphysikalischen Verschränkung von äußerer und innerer Raumzeit schlicht und klar: unsere äußere von Einstein als gekrümmt gekennzeichnete Raumzeit ist durch „Tunnellung", „Verschränkung", mit einer ebensolchen im Inneren des Elektrons verbunden. Elektron, Positron, Photon und Neutrino bilden eine klar verständliche Kombinatorik. Wie aber nunmehr das L und das LLLLLL als Ursilbe im Bereich des SPRICHT auftaucht und dann zum göttlichen Wort führt, bleibt bereits extrem spekulativ und verführt den Autor schließlich dazu Kommunikation (auch solche höchst philosophischer Art?) zwischen Lebenden und Toten durch „gebündelte Essenzelektronen"  zu behaupten, wenn diese nur genug „elektromagnetische Energiedichte"  haben.  „Elektronen sind elementare Bewusstseinseinheiten", „die Seele ist ein Plasmazustand, ein Gas". Letztlich sind seine Argumentationen denen von Tipler (und noch zahlreichen anderen, die vielleicht etwas pauschaler argumentieren, wie z. B. auch R. Steiner in seiner Anthropologie!) sehr ähnlich. Trotzdem ist Königs Buch spannend zu lesen und macht uns den Konnex zwischen Geist und Natur, anschaulich eben über mehr physikomentale Bilder bewusst. Und zudem, König hat auch eine Praxis parat.

Goldtorus0001Diese sieht so aus: man setzt sich unter einen großen „Goldtorus" (siehe Bild) . Dieses topologische Gebilde vermag wegen seiner idealen Form und Materiedichte den gebündelten und gezielten Austausch zwischen den beiden Raumzeiten zu realisieren. All dies erinnert sehr stark an den Orgon-Akkumulator  von W. Reich, einem Schüler S. Freuds, womit wir wieder bei der Psychoanalyse wären. Reich hatte einen aus verschiedenen leitenden und nichtleitenden Materialien hergestellten Kubus zu genau diesen Transformation - Transdimension - Effekten wie von König beschrieben, verwendet. Einstein prüfte dieses Gerät, konnte dessen Wirkungen aber mit üblichen physikalischen Effekten erklären. Die Subjekt-, die SPRICHT - Seite fehlte in dieser Diskussion und so ist es wohl auch mit dem „Goldtorus". Hätte der Torus nicht auch aus exakt den „gebündelten Essenzelektronen" bestehen müssen? Müsste Gott nicht direkt zu uns persönlich sprechen, um diese hohe Kommunikation zwischen Diesseits und Jenseits zu ermöglichen? Wie bei Symington gelingt König keine wirkliche plausible und wissenschaftlich profunde Verbindung von Theorie und Praxis.

Die Frage also: „was ist die 'materielle´ Struktur auf der Quantenebene der Dinge"?[9] wie sie von dem oben von mir schon erwähnten Physik-Mathematiker R. Penrose gestellt wird, ist falsch formuliert. Penrose behauptet, dass die menschlichen, ganz persönlichen „Gehirnfunktionen durch makroskopische Quanteneffekte" beeinflusst werden könnten, indem Neuronen, also Nervenzellen, „Quantendedektoren" sein könnten. Auch er nimmt eine Kohärenz der Quanten an (Quanten sind ja eigentlich dadurch definiert, dass sie Sprünge machen und nicht kohärent messbar sind), und zwar dort, wo sich bestimmte biologische Strukturen befinden, nämlich sogenannte Mikrotubuli in der Nähe der Nervenzellkerne. Dort sei die Materie so aufgebaut, dass die Quanten wie beim Laserlicht gebündelt werden könnten und damit eine Kohärenz aufweisen. Einstein hätte sich im Grabe umgedreht, wenn er das lesen würde, denn physikalisch ist das nicht zu begründen. Die Physik bleibt Physik auch innerhalb biologischer Strukturen, Quantenphänomene sind ja durch die Unschärferelation eben nicht schärfer ausdrückbar, während biologische Strukturen aus viel größeren Dimensionen bestehen und nur nach ganz anderen Kriterien exakt beschreibbar sind: z. B. solchen der DNA, der RNA, zahlreicher Proteine, deren Tertiärstruktur und Reproduktion bis in die Chemie und physikal.-chemischen Bindungen hinein (aber nicht weiter). Der Begriff „makroskopischer Quanteneffekt" ist eigentlich absurd. Es gibt vom A der Materie angefangen bis zum L des göttlichen oder auch nur sonst irgendwie geistigen Lallens (Königs LLLLLLL) keinen praktisch logischen Übergang.

Was in der Biologie Schwierigkeiten macht, ist der Lebensbegriff als solcher, weil zur Untersuchung ihrer Objekte diese immer wieder zerschnitten werden müssen. Ein Schnitt durchs biologische Gewebe beeinträchtigt möglicherweise gerade das Ein des Biologons, des Lebens, des Vitalen als solchem, aber nicht im geringsten die Quantenmechanik. Die Mikrotubuli sind ein Stück Biologie, so wie das Urwort ein Stück Linguistik ist, und hier ist es der Physiker selbst, der einen Sprung zu viel macht, wenn er dabei direkt auf Quantenphänomene trifft. Selbst in der Größenordnung von einfachsten organischen Molekülen gibt es keine Besonderheit für einen quantenphysikalischen Zugang. Der kommt erst innerhalb des Atoms oder noch kleinerer Untereinheiten zustande, und das kann überall sein. Warum sollte es sich ausgerechnet im Gehirn ereignen? Und dass es eine „innere Raumzeit" gibt, ist ein schönes Bild, eine faszinierende Analogie (mit der äußeren Raumzeit), die viel erklärt, aber kein wirklich wissenschaftlicher Beweis.

 

Wir müssen den Wissenschaftsdiskurs anders aufbauen. Psychoanalytisch lässt sich sagen, dass wir  mit einer primären Identität auf die Welt kommen, die nichts anderes ist als eine simple, nie anders als unbewusst bleibende Verbindung vom STRAHLT / SPRICHT, eines SPIEGELs / SYMBOLs (mit diesem trennenden und verbindenden Schräg- Bruchstrich in der Mitte, so wie Mathematiker dies in der Mengenlehre durch die Anwendung von  Zeichen oder Buchstaben schreiben, weil dieses Schreiben „in sich eine Macht und ein Vermögen hat" wie Lacan sagt). Wozu noch mehr? Dieses Unbewusste bleibt ein Unbewusstes, und das Physikalische bleibt das Physikalische. Das Bewusste ist darin tatsächlich nur ein Spiegel und damit leicht auf die Seite des Physikalischen zu stellen. Aber das menschliche Bewusstsein ist stark vom Unbewussten beeinflusst. Denn es geht nicht um das Subjekt der Erkenntnis, des erkennenden Denkens wie noch bei Descartes, sondern um das Subjekt des Unbewussten, des Signifikanten. Der Unterschied liegt damit allein im Signifikanten, d. h.  für was das Wahrnehmen, STRAHLEN etwas verlauten, SPECHEN soll und umgekehrt.[10] Dass also der Signifikant STRAHLT dafür steht, Subjekt zu sein für den Signifikanten SPRICHT, der wieder für etwas anderes steht.  Und dass, wenn man darüber hinausgelangen will, man eine Übung, ein  STRAHLT / SPRICHT) ) - Training machen muss, das ist alles. Es gibt kein Patentrezept, das jemandem dieses Üben erspart, indem man noch so tolle Theorien beweist bzw. aufstellt. Nur jeder einzelne selbst kann die letzte Theorie und Wahrheit aufstellen. Niemand kann eine Wissenschafstheorie für alle erstellen und behaupten.

Das STRAHLT, wird in dem Moment zum Erheller, zum „Erleuchter", wenn es auf den „Laut", auf das SPRICHT trifft, d. h.  mit ihm eine Kombinatorik eingeht, wodurch dieses wieder zum Verlauter, zum Verlautbarer wird. Diese auf Lacan zurückgehende Formel (ein Signifikant ist Subjekt für einen anderen Signifikanten) zeigt deutlich, dass es sich um zwei Triebe handelt, Urprinzipien, die aktiv in eine Richtung treiben, als seien sie Kräfte, die einen Willen hätten, „mythische Wesen, großartig in ihrer Unbestimmtheit" wie Freud sagt, zwischen denen sich unser Ich, aber auch unsere Objektbeziehungen wie hilflos ausnehmen, so dass wir ein Verfahren brauchen,  - nicht unser Ich zu stärken, wie das die Ich-Psychologie wollte - sondern Es als Strahlt / Spricht - Kombinatorik zu stärken, dass wir klar Sehen und klar Aussagen können. Damit liefere ich eine Theorie, die niemanden schon in eine bestimmte Richtung führt, zu einer Festlegung hin vereinnahmt, weder zu Geist noch zur Materie, weder zum Spirit noch zum Stoff. Die Praxis dieser Theorie ist unter den Überschriften und Veröffentlichungen Analytische Psychokatharsis mehrfach geschildert.

 

PS.: Nach mehrfachen kritischen Zuschriften muss ich noch ergänzen: dass ich die Signifikanten doch signifiziere, also definitiv mit den Ausdrücken STRAHLT / SPRICHT bezeichne, wo man doch den Signifikanten nicht wieder hintenherum signifizieren kann, weil er eben selbst nur der ist, der ein Subjekt für einen anderen Signifikanten präsentiert, kann ich so begründen: Freud hat die Urprinzipien, Grundtriebe mit dem Ausdruck „Eros- Lebenstrieb" einerseits und „Todestrieb" andererseits belegt. In hundert Jahren psychoanalytischer Arbeit hat sie diese Axiomatik nicht ganz bewährt. Lacan hat hier deswegen eine Umformulierung hin zu dem erwähnten Wahrnehmungs-Schau-Trieb und Entäußerungs-Sprech-Trieb nahegelegt. Um den Signifikanten hier noch näher zu kommen (weil sie doch auch im ganzen Universum, also generell gelten) habe ich an dieser Stelle vom Strahlt / Spricht geredet. Wer die Analytische Psychokatharsis übt, wird auch von mir über diese Begriffe in die Praxis des Verfahrens eingeführt, aber er kann das STRAHLT z. B. durchaus so erleben, dass er es wie ein „Durchströmen", „Durchrieseln" seines Körperbildes spürt, oder es durch ein „Scheinen" oder sonst etwas Ähnlichem wahrnimmt. Hier gilt also eine Unschärfe-, Unbestimmtheits-Relation, wie sie die oben zitierten Physiker durch ihre „Vakuum-Fluktuationen", „Quantendedektoren", „Essenzelektronen" esoterisch-physikalistisch überbrücken wollen. Ich lasse die Unbestimmtheit jedoch stehen, jeder kann und muss sie selbst überbrücken und kann dies eben mit Hilfe der Analytische Psychokatharsis leichter erreichen, als wenn er sich einfach auf sich selbst oder andere vage Wissenschaften stützt, die meist und zudem keine Praxis anbieten. Die Ausdrücke Strahlt / Spricht sind also schon sehr weit gediehene, fast perfekte Annäherungen an die eigentlichen Grund-Signifikanten, bzw. deren primäre, elementare Kombination. Ich lehne mich dadurch auch mehr an eine mathematische Schreibweise an, was die wissenschaftliche Beweiskraft erhöht, während die kritisch dargestellten Autoren eine sicher äußerst faszinierende Analogie nicht von einem wirklich wissenschaftlichen Beweis unterscheiden.

Bezüglich der Anfragen auch zur erwähnten Anthroposophie: schon im Neuplatonismus bis hin zu Steiners Anthroposophie wurde ein Ich-naher Astralleib (seelische Hülle im Körper des Menschen) und insbesondere bei Steiner auch ein Ätherleib (Empfindungskörper, den auch Tiere haben) erwähnt. Steiner kannte die Geist-Materie Deutung des eingangs erwähnten Theilhard de Chardin, auf der ja die physikomentalen Theorien z. B. Königs aufbauen. Es ist ganz klar, dass uns die Naturwissenschaften und ihre Technik alleine nicht befriedigen können, aber diese esoterischen oder mythischen Wissenschaften eben auch nicht. Die Psychoanalyse Lacans ist eine Konjekturalwissenschaft, die sich also an die Mathematik anlehnt und nur so können wir heutzutage Sicherheit haben.



[1] Kummer, C., Ein Segen für die Theologie, SZ Nr. 249, 28. 10. 2009, S. 18

[2] Der Sprachwissenschaftler F. de Saussure nannte im Gegensatz zum Signifikat (der Bezeichnung, das Bezeichnete) den Signifikanten ein „Schema von Gegensätzen". Ich übersetze den Signifikanten mit „Bedeuter", Bedeutungseinheit. Ein Wort hat 99 Bedeutungen, sagte Mohammed, und eben das ist die Wirkung des Signifikanten.

[3] Gamm, G., Nicht nichts, Studien zu einer Semantik des Unbestimmten, Suhrkamp (2000) S. 227

[4] Symington, N., The Blind Man Sees, Karnak (2004)

[5] Der Autor erwähnt diesen Begriff nicht explizit, dieser erfasst jedoch implizit und direkt sehr vieles, was Symington sonst ausführlich beschreibt.

[6] Ich beziehe mich hier auf das Buch von A. Roy, „Der Gott der kleinen Dinge", indem die Autorin klarlegt, dass für die einfachen Menschen in Südindien es nicht um den Kampf der „kleinen Leute" gegen die Mächtigen geht, sondern um das Eigenleben, dass eben gerade die kleinen Dinge, die man liebt und zum lieben braucht, von sich aus geben.

[7] König, M., Das Urwort, Scorpio (2010)

[8] Tipler, F.J. Die Physik der Unsterblichkeit, Piper (1994)

[9] Penrose, R., Schatten des Geistes, Spectrum (1994) S. 441

[10] Ich verwende das STRAHLT und SPRICHT für die psychoanalytisch von Lacan bezeichneten Grundtriebe: Schau-, Wahrnehmungstrieb und Entäußerungs-, Sprechtrieb.