Teilnahme in der Wissenschaft

Teilnahme in der Wissenschaft
In den letzten Jahren haben Volksbefragungen, Bürgerinitiativen und Demokratiebewegungen deutlich zugenommen. Wie zu Zeiten der Aufklärung vor mehr als zweihundert Jahren scheint eine neue Welle der Selbstbehauptung durch die Länder zu gehen. Nun gilt dies nicht nur für Kultur und  Politik, auch in den Wissenschaften rumort es.

In ihrem neuesten Buch „Die Vermessung des Universums“ schwärmt die Physikerin L. Randall von den neuen Forschungen in den Naturwissenschaften. Doch darüber und über den neun Milliarden teuren Teilchenbeschleuniger LHC können sich nur einige wenige Physiker freuen.

Randall schreibt selbst, dass für das Leben der meisten Menschen diese Forschungen nicht relevant sind, und so liegt die Vermutung nahe, dass man dahin tendieren sollte, die Menschen mehr in die Wissenschaften einzubinden als nur ein paar Privilegierten den Milliardenspaß an der Wissenschaft zu gönnen. In Zukunft wird niemand mehr Wissenschaft einfach allein und isoliert an der Universität lehren können. Freilich wird dies nicht für die alten eingesessenen Wissenschaften gelten können. Aber man könnte neue entwickeln, die eine Teilnahme vieler an wissenschaftlichen Prozess ermöglichen.

Die Psychoanalyse ist so eine Wissenschaft, die die Teilnehmerperspektive betont. Zumindest hat Freud selbst in seiner Schrift über die Laienanalyse einen derartigen Standpunkt befürwortet. Die Psychoanalyse sollte nicht nur wieder Fachleute produzieren, sondern auch Laien einschließen. H. Hastedt schrieb, dass „der Geist in der Teilnehmerperspektive als Subjekt der Erkenntnis methodisch vorrangig ist gegenüber Geist und Körper als Erkenntnis-Objekten in der Beobachterperspektive“. Damit wollte er ebenfalls eine Wissenschaft fördern, die nicht nur starr auf Objekte blickt (auch nicht auf geistige in Form vorgefasster Begriffe), sondern das menschliche Subjekt in den Mittelpunkt stellt. Vom Subjekt auszugehen bedeutet nicht, dass man die Objekte vernachlässigen muss.

Bleiben wir nochmals kurz bei der Physik. Es wird behauptet, dass Experimente mit Quantencomputern ein Photon in zwei verschiedenen elektronischen Zuständen darstellen können. Doch wenn die Einheit, die in der Physik wirkt (wie etwa ein Photon), an zwei Punkten zugleich sein kann, dann bekommt sie eine subjektbezogene, irrationale, höchstens noch psychoanalytisch erfassbare Form, sagt Lacan.  
Lacan schreibt auch, dass in der Psychoanalyse eine Eins (der Analytiker als ein Subjekt  z. B. ) eine Null für eine andere Eins (der Analysand als ebenso ein Subjekt) repräsentiert. Anfänglich herrscht also eine intersubjektive Beziehung vor und hier kann die Einheit, die in dieser Wissenschaft wirkt, nämlich das Unbewusste, sehr wohl an zwei Punkten (in zwei Subjekten) zugleich sein.

Das Unbewusste ist der Null-Eins-Abstand, der durch die analytische Therapie in seinem Ausmaß erarbeitet und schließlich messgenau geklärt wird. Hier kann man wirklich von der perfekten Teilnehmerperspektive innerhalb einer Wissenschaft reden. Um diesen Aspekt noch mehr zu betonen und in der Praxis zu erleichtern, habe ich aus der analytischen Arbeit heraus das Verfahren der Analytischen Psychokatharsis entwickelt. Hier ist es noch einfacher, Teilnehmer am wissenschaftlichen Prozess zu werden. Jeder ist dazu eingeladen.

 

Sh. auch: Hastedt, H., Das Leib-Seele Problem, Suhrkamp 1989) S. 291