Wie man sich in sich selbst bewegt


Sich in sich selbst bewegen verlangt, dass man eine Vorstellung von dem hat, was man ein Körperbild nennt. Man kann statt dem Körperbild auch eine Topologie verwenden, also eine dynamische Geometrie wie sie etwa in der nebenstehenden Abbildungen gezeigt ist. Es gibt Hyperboloide, Tranguloide oder Mehrmannigfaltigkeiten und selbstverständlich könnte man auch künstlerische Werke zu Hilfe nehmen, die besonders trefflich ausdrücken, was der Mensch vom Anschaulicher her gesehen eigentlich ist. Denn das Körperbild, also das Bild, das man unbewusst von sich selbst hat, ist nicht einfach eine Abbildung von Punkt zu Punkt, von Pixel zu Pixel, sondern eine semiotisch, semantisch überhöhte Abbildung. Manche nennen es auch ein Klassem (Betonung auf dem e). „Klasseme sind im Unterschied zu Semen [Einheiten der Semantik] ganz allgemeine Bedeutungskomponenten, die mehreren verschiedenen Wortfeldern angehörend dennoch eine Gemeinsamkeit haben (vereinfacht aus Wikipedia).“ Topologien gehören verschiedenen Wortfeldern an – Zwei- oder Dreidimensionalität z. B. -  haben aber dennoch eine mathematische Gemeinsamkeit.


Das Körperbild also als Klassem oder topologische Struktur hat nicht mehr viel mit der üblichen Anatomie zu tun,  die ein einheitliche Bedeutung hat, indem sie nur dem Wortfeld der Biologie angehört. Die französische Psychoanalytikerin F. Dolto unterschied daher das basale, dynamische und erotische Körperbild voneinander, was aus den verschiedensten Bereichen stammt. Das basale Körperbild  ist wahrscheinlich dem physiologischen Körperschema noch ähnlich, das dynamische und erotische erinnert aber schon eher an das hier nebenstehend gezeigte Bild einer sogenannten Hopf-Faserung. Von der gelben Kleeblattschlinge ausgehend (die also die Gemeinsamkeit darstellt) entwickeln sich einfach durch geometrische Vielstellungen, Schrumpfungen und Krümmungsverstärkungen die blauen und roten Faserungen des dynamischen und erotischen Körperbilds heraus. Lacan, der die psychodynamischen Strukturen anhand von Kleeblattschlingen und Borromäischen Knoten verbildlicht hat, wäre neidisch auf die heutigen Computergraphiken. Es ging ihm nämlich um die gleichen Differenzierungen, die er real, imaginär und symbolisch nannte und die er mehr vom  Sprachwissenschaftlichen her zu erfassen suchte.
Wäre man Neurowissenschaftler, würde man sagen: so sehen die Verschaltungen im Gehirn aus. Die gelbe Kleeblattschlinge demonstriert die basalen Vorgänge im Stammhirn und den basalen Ganglien, Lacans Reales. Die blauen Linien stellen das alles überwuchernde Großhirn dar (das Imaginäre) und die rote torusartige Verschleifungsdynamik verbildlicht das Erotische (das Sym-bolische). Alle drei haben sie ein verbindendes Element, das Lacan immer die vierte Schlinge nannte, den vierten Knoten. Witzigerweise ging es bei Lacan genau um diese Kleeblattschlinge, die er als vierte in den Borromäischen Knoten einfügen wollte. Das Thema seines Seminar vom 16. 9. 75 war:  Borromäischer Knoten aus vier Kleeblattschlingen - Umwandlung von vier Kleeblattschlingen in einen borromäischen Viererknoten (siehe Bild nebenan) und damit als Kontinuität des Realen, des Symbolischen und des Imaginären. Auch wenn es schwer zu verstehen ist, was das alles heißen soll, wir sind damit beim Hauptthema, womit ich alles verein-facht erklären kann.
Wenn man sich längere Zeit entspannt hinsetzt und evtl. die Augen schließt, verliert man die Empfindung für das Körperbild. D. h. man verliert es nicht ganz, man fühlt sich immer noch da sitzen oder in einer aufrechten Position befindlich. Oft ist die Lage von Armen und Beinen jedoch nicht mehr so genau erfassbar. Erst wenn man diese nur ein klein wenig bewegt, spürt man wieder genau, wie der Körper orientiert ist. Das Bild vom eigenen Körper verschwindet bekanntlich im Schlaf fast völlig bzw. ändert sich je nach Traumgeschehen. Mal ist man nur noch Auge, dann besteht man wieder fast nur noch aus schweren Beinen, die nicht vorwärts gehen wollen. Etwas verschiebt und verdichtet sich im Körper, man bewegt sich in sich selbst. Und dieses In-sich-selbst-Bewegen kann man auch im Wachzustand wie gerade oben be-schrieben erfahren.
Was ist dieses Etwas, das sich von uns selbst in uns selbst bewegt? Es ist nicht das Ich. Mythisch würde man sagen, es ist die Seele. Es handelt sich aber auch nicht um das Freud´sche Es, eher um das, was Freud selbst einmal den „Nebenmensch“ genannt hat. Er ist das erste verinnerlichte Andere in uns, also wohl anfänglich etwas von der Mutter, unterscheidet sich aber von dem, was man das „mütterliche Objekt“ nennt, das Objekt des Oraltriebs, die „Mutterimago“. Das Ganze läuft wohl eher über das visuelle oder Wahrnehmungssystem, also das Abbild des im Äußeren wahrgenommenen Menschen als erstes mit dem von innen her Wahrgenommenen und zum Körperbild verdichteten Anderen von uns selbst. In dem gerade geschilderten Zustand des Sich-in-sich-selbst-Bewegens im Wachsein verhölt es sich dann so, als wanderte man wie die Kleeblattschlinge auf und ab, links und rechts, sich ausdehnend und verkürzend, krümmend und streckend etc. 
Genau so etwas hat Lacan mit der vierten Kleeblattschlinge gemeint, die sich im Borromäischen Knoten verbindet zum Vierer-Knoten wie er auch sagte. Im Vierer-Knoten wird der Nebenmensch in uns erfahrbar, der Andere als unsere eigene Andersheit. In der Wissenschaft ist es eben legitim, nicht nur einfach mythisch von Seele zu sprechen, die irgendwie körperhaft ist und doch anders, sondern von topologischen Begriffen und Darstellungen auszugehen. Das Körperbild, das wir von uns selbst wahrnehmen, ist ein topologisches Wesen. Ich schreibe „Wesen“, denn es ist ganz klar, dass dieses Wesen – Lacans Ausdruck vom „Unbewussten, das strukturiert wie eine Sprache ist,“ folgend – sprechen kann. Der Mensch ist ein „Sprechendes Sein“, aber nicht nur von seinem bewussten Serin her, sondern auch von dem her, in dem er sich in sich selbst bewegt, vom vierfachen Körperbild, vom unbewussten Nebenmenschen. Neben dem basalen, erotischen und dynamischen Körperbild gibt es also noch etwas, die vierte Schlinge nämlich, der Vierer-Knoten, der Nebenmensch. Aber  wie kommt man auch dazu mit ihm zu sprechen?
Ich muss hier erneut auf die Analytische Psychokatharsis und ihre Formel-Worte verweisen, mit denen jeder einzelne diese vierte Schlinge selbst erfahren und auch benennen kann und muss, denn nur als Sprechende bekommt sie auch ihre wirkliche Benennung und verbleibt nicht im rein Topologisch-Geometrischen. Ein von außen her aufgedrückter Name wäre sinnlos. Der Name muss aus dem Inneren herauskommen wie es in der rechts gezeigten Abbildung wieder veranschaulicht ist. Das vielschichtige Körperbild ist wieder in seiner Hopf-Faserung (diesmal mehr flächenhaft) zu sehen. Nunmehr sind jedoch Buchstaben, Laute, Phoneme eines Formel-Wortes in seine Schichten eingetragen (in einfacher Kreisschreibung rechts daneben zu sehen). Übt man rein gedanklich, rein mental, bei dem oben beschriebenen Hinsetzen mit etwas geschlossenen Augen dieses Formel-Wort, wird es in den verschiedenen Schichten der Körperbild-Faserung widerhallen und den eigentlichen Namen  verlauten lassen, der dort wohnt. Ausführlichere Beschreibungen des Verfahrens und des hier verwendeten Formel-Wortes (ENS-CIS-NOM) finden sich auf der Webseite.
WIRD FORTGESETZT