Bild- und Sprachlogik

Ich habe insgesamt 23 Bücher geschrieben. In fast allen diesen Büchern geht es um ein neues psychotherapeutisches Verfahren. Das Verfahren besteht aus einer Kombination von Psychoanalyse und Medikation. Man hat lange Zeit gedacht, dass Psychoanalyse und Meditation sich widersprechen. Doch inzwischen weiß man sehr genau, dass sich beide Methoden in vielen Punkten ergänzen. Sie ergänzen sich nicht nur, sondern stimmen sogar auch in sehr vielen Parametern überein. So muss der Psychoanalytiker z. B. mit "gleichschwebender  Aufmerksamkeit" zuhören sowie auch der Meditierende  mit ebensolcher zurückgezogener Konzentration meditieren muss. Auch das „freie Assoziieren“ des Patienten in der Psychoanalyse korreliert dem freien auftauchen von Gedanken in der Meditation.

 

Schon aus diesen kurzen Bemerkungen kann man schließen, dass es letztendlich um sprachliches und bildliches Element gehen muss, das kompakte genug und ausreichend wissenschaftlich begründet eine Kombination von Psychoanalyse und Meditation ermöglicht. Der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan nannte dieses Element einen „linguistischen Kristall“. Lacan. meinte, dass ein derartiges Element die wesentliche Struktur des Unbewussten darstellt. Bekanntlich greifen unbewusste Gedanken in den normalen Sprechvorgang ein (sozusagen ‚linguistisch‘ geordnet), indem sie einen oder mehrere Buchstaben vertauschen, wie es beispielsweise beim Freudschen Versprecher der Fall ist. So versprach sich einmal ein Bekannter von Heinrich Heine anlässlich einer Begegnung mit dem Baron Rothschild in der Weise, dass er, anstatt zu sagen „Ich bin mit ihm so familiär“ sagte: „Ich bin mit ihm so famillionär“. Damit verriet er, dass es ihm eigentlich um die Millionen ging uns nicht um die familiäre persönlichem Nähe. Vertauscht hatte er nur ein paar Buchstaben, die sich von dem Wort Millionen in das Wort Familie hineingeschlichen haben.

Dieser Mechanismus des Verrutschens und Vertauschens von signifikanten Elementen hat etwas mit einer Bildlogik zu tun. Die Bildlogik ähnelt einem Träumen mit offenen Augen. Man bleibt noch etwas wach oder sieht durch einen Schleier hindurch, sodass die signifikanten Elemente in eine bestimmte Position rutschen können. Um dies alles besser zu verstehen, muss man sich der Freudschen Theorie des Lust- und Realitäts-Prinzips zuwenden. Diesbezüglich schreibt Freud  Folgendes: ursprünglich besteht eigentlich ein sogenanntes Konstanz-Prinzip. Der zugrunde liegende Triebvorgang äußert sich zwar als Lustprinzip. Man muss dies jedoch so verstehen, dass zu viel Lust eher unlustig ist und daher genauso wie eine Unlust zu einem konstanten Ausgleich, also zu einer befriedigenden Konstanz hin strebt. Freud sagt selbst, dass dies alles noch nicht so ganz klar und logisch zu begreifen ist,[1] lässt es aber vorläufig so stehen.

Dem Konstanz Prinzip steht nunmehr das Realitätsprinzip gegenüber. Freud leitete es von den Instanzen des Ichs und Über-Ichs ab. Aber auch dieser Aspekt ist nicht ganz klar. Wie erweist sich ich auf einmal, welcher Teil der Umwelt Realität und welcher nicht Realität ist? Hier kommt wieder der Begriff der Bildlogik zum Zug. Lacan nennt sie auch eine imaginäre Ordnung. Diese entwickelt sich aus den Beziehungen zu den ersten Bezugspersonen des Kindes, meistens also wohl zur Mutter. Bildlogik und imaginäre Ordnung stellen somit ein erstes bildhaftes  Reales dar, das also gut zur Bildung des von mir oben geäußerten Träumens mit offenen Augen passt. Die Matrix des Traums hatte eben etwas mit der ‚mater‘, der frühen Mutter zu tun. Durch die Beziehung zu ihrer hindurch, durch die Struktur ihrer libidinösen Matrix hindurch, entwickelt sich ein erster Realitätsbezug. So kann man sich vielleicht am ehesten verständlich machen, was Freud unter dem Realitätsprinzip versteht. Es handelt sich noch um einen von den unbewussten Wünschen und Regungen der Mutter durchwirkten Realitätsbezug. Erst mit dem Einwirken der Sprache, die auch von anderen Personen und vor allem auch vom Vater her kommt, erhält das Realitätsprinzip eine reifere Struktur.

Diesen reifen Bezug zu Sich und der Welt kann man – so es notwendig ist – in verbesserter Form durch eine Psychoanalyse erlernen. Dies ist jedoch meist sehr umständlich und langwierig. Man kann eine derartige Verbesserung sicher auch mithilfe einer Meditation erreichen. Doch hat die Meditation alleine keine wissenschaftliche Basis. In der Form ihrer oben erwähnten Kombination mit der Psychoanalyse ist jedoch ein moderner wissenschaftlicher Zugang möglich. Ich habe dieses Verfahren Analytische Psychokatharsis genannt. Sie ist durch Beschreibungen auf meiner Webseite >analytic-psychocatharsis.com< zu erlernen. Eine Kurzfassung stellt auch die Broschüre „Die Körperlich kranke Seele“ dar, die kostenlos herunterladbar ist.

In anderen Büchern Ehe ist die Verbindung von Bild- und Sprachlogik noch ausführlicher erörtert. Unter Bildlogik ist noch eine relativ chaotische Logik, von manchen auch Fuzzi-Logik genannt, zu verstehen. Mit Lacans „linguistischem Kristall“ ist ja das gleiche gemeint. Da man sich aber die unbewussten Zusammenhänge von Konstanz- und Realitätsprinzip nicht durch eine Fuzzi Logik oder durch den „linguistischen Kristall“ verstehend einüben kann, sind in der Analytischen Psychokatharsis sogenannte Formel-Worte entwickelt worden. Sie bestehen aus einem Schriftzug, der von verschiedenen Stellen aus gelesen jeweils eine andere Bedeutung enthält. Damit wird die chaotische Bildlogik verwendet, die zwar in sich in Form der verschiedenen Bedeutungen auch Sprachlogik besitzt, um die ebenso gestaltete Logik im Unbewussten zu aktivieren. Während die gedankliche Wiederholung der Formel-Worte eine erste Übung des Verfahrens darstellt, ist in einer zweiten Übung in Form sogenannter Passworte die unbewusste Logik direkt zu vernehmen.

 

 



[1] In Freud, Jenseits des Lustprinzips. Man kann es vielleicht so sagen: im Grunde genommen und liegt hier eine Art von Trieb-Dualismus vor. Es handelt sich um die ersten Identifizierungsmodi, also Vorgänge des Schau-und Wahrnehmungstriebs, in denen nicht alles in seiner Totalität wahrgenommen werden kann, sondern es sich nur in Form – wie Lacan betont – eines einzigen, eines charakteristischen Zugs des Wahrgenommenen zur Identifizierung eignet. Die anderen Teile werden im Seelischen abgespalten und werden so zur Quelle des Aggressiven und der Aggressivität. Sie müssen vom Entäußerungstrieb, der beim Menschen meist eher als Sprechtrieb zu bezeichnen wäre, umgesetzt werden. Wahrnehmungs-,  Schautrieb und Entäußerungs-, Sprechtrieb stehen sich so dualistisch gegenüber.