Lacan versus Habermas

Der Philosoph J. Habermas meinte, Lacan, haben mit seiner psychoanalytischen Theorie „das Licht der Aufklärung verdunkelt“. Doch diese negative Aussage muss man positiv umdeuten: das Licht der Aufklärung war gar nicht so hell, wie Habermas meint, das neuzehnte und zwanzigste Jahrhundert mit ihren grauenhaften Kriegen haben gezeigt, dass schrecklichste Finsternis herrschte, an der die Aufklärung nichts geändert hat. Und so konnte es nur gut sein, das Licht der Aufklärung mit einem Ausflug in die Psychoanalyse ein bisschen herunter zu dimmen.

Wie erwähnt ist es Lacan verdanken, dass er diese beiden Triebkräfte umformuliert hat in die Kraft eines Wahrnehmungs- bzw. Schautriebs (steht der Liebe nahe) und eines Entäußerungs- bzw. Sprechtriebs (steht dem Tod nahe). Jedenfalls lässt sich mit dieser Umformulierung die Psychoanalyse besser begreifen und umfassender nutzen. Es ist nicht unverständlich, dass das Sprechen dem Tod nahesteht. Die Menschen reden ständig anei-nander vorbei, sie missverstehen sich, ja sie lügen, sie widersprechen sich oft in totaler, perfekter Weise, so dass man sich wirklich fragen muss, was sie eigentlich vom Sprechen, vom Kommunizieren, haben.
Nicht viel nämlich, denn sie sagen sich kaum jemals die Wahrheit. Vielleicht halten sie sich ja an die Erkenntnisse von Habermas, dessen Zentralthema das ‚kommunikative Handeln‘, die ‚kommunikativ vergesellschafteten Subjekte‘ und die ‚unbegrenzte Kommunikationsgemeinschaft‘ darstellt. Es war ein großer Fortschritt, indem die Men-schen von ‚subjektphilosophischen (Kant) zum sprach-pragmatischen Verständnis (Pierce) des Vernunftge-brauchs‘ gekommen sind, doch um weiter zur Wahrheit durchzudringen, muss Habermas noch etliche Begriffe zusätzlich einführen und klären: „Die Welt besteht aus allem, worauf wir in wahren Aussagen Bezug nehmen können“, schreibt er. Das klingt so ähnlich wie das Statement des Philosophen G. F. Hegel, der meinte, „alles Wirkliche ist vernünftig und alles Vernünftige ist wirklich.“ Es soll eben eine Grundvoraussetzung geben, und die besteht im ‚sprachpragmatisch vernünftelnden Subjekt‘.
Davon ausgehend wird der Diskurs der theoretischen Vernunft „wahrheitsorientierter Forscher“ dem Diskurs der praktischen Vernunft „gerechtigkeitsorientierter Bür-gen“ entgegen, aber auch zusammengestellt. Denn letztlich muss es zu gegenseitigen Annäherungen und Verpflichtungen beider kommen, „moralische Lernprozesse und vieles mehr müssen stattfinden, um das große ‚Wir‘ zu erreichen, das dann die Zustimmung aller haben kann“.  Viel besser und anderes drückt dies der Historiker Jörg Später aus. Er fasst den Inhalt des 1750 Seiten dicken, gerade zitierten Buches von Habermas in einigen Seiten zusammen. So schreibt er zum Beispiel:
Leitfaden der Philosophiegeschichte ist „die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen“ – es geht astronomisch ausgedrückt darum, wie diese beiden Planeten von Glauben und Wissen in verschiedenen historischen Epochen zueinander standen. Die Philosophie speiste sich stets aus beidem, aus Religion und Wissenschaft. Die Genealogie des nachmetaphysischen Denkens soll zeigen, „wie sich die Philosophie – komplementär zur Ausbildung einer christlichen Dogmatik in Begriffen der Philosophie – ihrerseits wesentliche Gehalte aus religiösen Überlieferungen angeeignet und in begründungsfähiges Wissen transformiert hat.“
Auch wenn die Gesellschaft also immer komplexer wird und wir wegen der Spezialisierung des Wissens als Einzelne immer weniger wissen und können, obwohl wir immer mehr Informationen haben und auch Zeit, uns diese anzueignen, fordert Habermas seine Leser und Leserinnen auf, von ihrer Vernunft autonomen Gebrauch zu machen und ihr gesellschaftliches Leben praktisch zu gestalten. Dieser innere Zusammenhang von theoretischer und praktischer Vernunft, den Kants Gedanke des Transzendentalen enthält, geht nach Habermas verloren, wenn Philosophie rein szientistisch wird.
Philosophie müsse vom Geist der Wissenschaft durch-drungen sein – Habermas folgt damit Humes unumkehrbaren Lernschritt der Ausdehnung des grundsätzlich fallibilistischen Bewusstseins auf Aussagen der Philoso-phie. Aber in den Fragen der praktischen Philosophie steht Habermas auf Kants Seite, denn hier sei die religiöse Hoffnung auf rettende Gerechtigkeit, auf Erlösung von Leid, auf Versöhnung durch eine vernünftige Gesellschaft bewahrt. Habermas ist Kantianer. Vor allem aber ist er, der an die kommunikative Vernunft und den sozi-alkognitiven Fortschritt glaubt, Habermasianer.
Aber ist er so nicht zu optimistisch und idealistisch? Geht es nicht auch ums Begehren, um eine Triebkraft, der man nicht so leicht widerstehen kann? Wenn alles der Sprach-pragmatik unterliegt, also dem Wort-Wirkenden, dem Spricht, wo bleibt dann das Bild-Wirkende, das Strahlt? Oder gibt es das gar nicht? Doch neben dem Sprechtrieb, auf den sich Lacan beruft, existiert auch der Schautrieb, den schon Freud so benannte. Das Schauen, die Schau-lust, hat mit Blicken und Bildern zu tun. Habermas meint, dass das psychisch Unbewusste „sprachlos“ ist. Für ihn ist nur die Materie unbewusst, aber nicht die Psyche oder der Geist, der in der Vernunft kulminiert. Nun behauptet ja Lacan, dass die Sprache gar nicht der Kommunikation dient, sondern der Enthüllung, dem Eingestehen, dem Sich-Preisgeben. Der Sprechtrieb drängt nicht dazu, um-ständliche Gespräche zu führen, sondern sich direkt, un-vermittelt, symbolisch auszudrücken. Er will von sich verkünden, will sein Herz ausschütten, sein Begehren, und wenn er dies nicht tut, so weil er gehemmt ist.
Die Philosophen und auch Habermas geben sich nämlich nicht in dieser Weise preis, sie rücken ihr Innerstes nicht heraus, sie sprechen sich nicht ungehemmt aus, sie geben ihre Angst nicht her. Sie verbleiben in den guten, enorm weitreichenden, tiefsinnigen Gedanken, die sie sich selber gemacht haben, und die sie weiter und weiter ausformen und zu dem machen, was K. Marx den ‚Überbau‘ nannte.  Für den Psychoanalytiker sind die Habermas‘schen ‚Handlungen der Sprechakte‘ seelische Abwehrmechanismen, die die Meldungen des eigenen unbewussten Begehrens umgehen wollen. Das hindert sie nicht lesenswerte Produkte zu schaffen, und so sind Phi-losophen und speziell Habermas durchaus interessant zu lesen, aber das Entscheidende bringen sie nicht.
Dies moniert vor allem auch der Pädagogikprofessor und Kulturkritiker Kersten Reich in seinem Buch ‚Die Ordnung der Blicke‘.  Er schreibt: „In ‚Erkenntnis und Interesse‘ hat Jürgen Habermas sich kritisch mit der Psycho-analyse auseinandergesetzt. Dies geschieht bei ihm aus einer besonderen Perspektive, die sehr stark sprachliche Prozesse in den Vordergrund rückt“.  Das von mir so hervorgehobene Strahlt, das Bild-Wirkende, der imaginäre Signifikant, wird dabei völlig vernachlässigt. Man muss freilich zugeben, dass das Es Strahlt in der her-kömmlichen Psychoanalyse nicht so sichtbar ist wie ich es in der Analytischen Psychokatharsis verwende und wie es auch in der klassischen Traumdeutung zu sehen ist. Auch dazu nimmt Kersten Reich Stellung.
„Die Hervorhebung des Textes des Traumes unterschätzt nämlich die bildlichen und emotionalen Gefüge der Traumwelten nicht unerheblich. Dies liegt daran, dass Habermas letztlich alle Aussagen auf das von ihm konstruierte Gefüge sprachlicher Bezogenheiten, auf seine sprachpragmatische Wende, zurückbezieht und damit nivelliert. Dies führt zu einem sprachlogischen Missver-ständnis der Psychoanalyse, das die Breite der Psychoanalyse zu stark verkürzt. . .  Verdrängung erscheint Habermas als ein Ausdruck dafür, unerwünschte Bedürfnis-Dispositionen dadurch unschädlich zu machen, dass sie aus der öffentlichen Kommunikation ausgeschlossen werden. ‚Bewusste Motivationen, die im öffentlichen Sprachgebrauch präsent sind, werden durch den Mechanismus der Verdrängung in unbewusste, gleichsam sprachlos gewordene Motive verwandelt.‘80 . . . Habermas ist sich im weiteren Verlauf seiner Argumentation durchaus darüber klar, dass die Psychoanalyse eine The-rapie nicht vorrangig durch sprachlichen Diskurs, sondern durch Übertragung erreicht. Offensichtlich sieht er diese jedoch als überwiegende sprachliche Bearbeitung und unterschätzt den beziehungsmäßigen, emotionalen [und bild-wirkenden] Anteil, der für praktizierende Psy-choanalytiker in der Regel den eigentlichen Anspruch von Übertragungen ausmacht.“
Psychoanalytiker und Patient – so Kersten Reich weiter, „können beide nicht direkt auf der inhaltlichen Ebene über dieses Unbewusste kommunizieren, sondern benöti-gen die imaginative Achse ihres wechselseitigen Begehrens aufeinander, um solches Wissen über den Diskurs des a/Anderen [des Unbewussten] zu bewahrheiten. Solche Selbstreflexion ist dramatisch von einer kognitiven Aufklärung der Vernunft und deren Selbstreflexion unterschieden. Der Diskurs der Universität nämlich richtet sich nach Lacan ausgehend vom Wissen auf eine Mehr-nach immer weiterem Wissen, wobei es Subjekte produziert, die für sich dieses Wissen in Form von meis-terlichen Aussagen zusammenfassen sollen, was das Wis-sen insgesamt zu bereichern scheint. Aber die Subjekte vermögen nicht jeder für sich solche Meistersignifikanten herzustellen, die ausschließend wahres Wissen wären.“
Viel mehr will ich von der umfangreichen Stellungnehme Kersten Reichs zu Habermas nicht zitieren, denn die zentrale Thematik ist klar: Habermas kann durch die Fixierung auf seine ‚sprachpragmatischen Kommunikation‘ nicht erkennen, dass selbst die Zweifel, die Ungereimtheiten und die steten Veränderungen im Freud‘schen Diskurs das Material sind, aus dem sich der psychoanalytische Diskurs herstellt, eben weil es nicht um die ‚kommunikativ vergesellschafteten Subjekte‘ geht, sondern um die Subjekte des Unbewussten, in dem Spiegelungsprozesse, Topologien und Sexualitäten eine Rolle spielen, die sich nicht einfach in Sprache transferieren lassen.
Trotzdem kann man ihnen eine sprachliche Grundstruktur unterstellen wie Lacan dies tut. Er bezieht sich auf die begrenzte Anzahl der Muster von Plus- und Minus-Zeichen, die er symbolischen Automatismus nennt und der eben im Unbewussten vorherrscht. So kommen Aussagen zustande, die wie in der mathematischen Konjektu-ralwissenschaft als Vermutungen (Deutungen) gesammelt, neu interpretiert, weiter gesammelt und gedeutet werden müssen, bis entsprechend dem Freud’schen Trieb-Struktur-Konzept, das aus zahlreichen Behandlungen gewonnen wurde, eine endgültige Aussage zustande kommt, die auch in der ‚unbegrenzten Kommunikations-Gesellschaft‘ ihren Wert hat.
Dieses Lacansche Reale ist Habermas suspekt. Aber er „verkennt sowohl die Bedeutung der imaginären Begeg-nung und Spiegelung des wechselseitigen Begehrens, das durch bloße Kognition trotz Anerkennung von Interaktion zu sehr ausgelöscht wird, als auch das Unbegreifliche, Widerständige, Körperliche, was im Realen erscheint und selbst gegenüber den Wunschwelten des Imaginären jene Grenze der Unheimlichkeit bildet, über die Symbolvorräte oder kognitivistische Tröstungen eines abstrakten kommunikativen Handelns bloß hinwegtäuschen können.“ Und weiter, wenn ich ein letztes Mal Kersten Reich zitieren kann: „Es ist eine Beobachtung der Differenz zwischen dem, was gesagt wird, und einem Unbewussten, was irgendwo als irgendwas ist [als ‚Ordnung der Blicke‘ wie er doch selbst sagt] und trotzdem sprachlich erscheint. Es ist damit durchweg auch Projektion eines Beobachters, allerdings unter der Voraussetzung, dass menschliche Kommunikation diese Seite notwendig umfasst und sich nicht in Rationalität erschöpft. Rationalität selbst ist vielmehr fragwürdig geworden, weil sie immer auch als Frage nach der ganzen Person, die mit ihren rationalen Teilen operiert, gilt, weil sie aus diesem Wechsel des Blickwinkels nunmehr die in der menschli-chen Aufklärungsbewegung vorhandene Dominanz des Rationalen selbst bezweifelt und in neue Kontexte wie die Sublimation zu stellen in der Lage ist.“
Auch T. Dörfler stellt Lacan und Habermas gegenüber.  Er schreibt: „Deswegen muss man Sprechen, um etwas zu erreichen. Gleichzeitig wirkt in dieser Sprechhandlung ein Zwang, der das Subjekt an das Gesagte bindet - Habermas würde es ‚normativ einbinden‘ nennen, man muss den ‚Forderungen nach Konsistenz‘ genügen.  Für Lacan ist es jenes Erzittern ‚durch das, was von seiner [des Subjekts] eigenen Aussage, dem Ausgesagten auf es zurückwirkt. Die Performanz der Rede bewirkt eine Ablösung von den Intentionen der Rede des Subjekts, weswegen dessen Äußerungen im Diskurs als Aussagen behandelt werden können. Die Aussagen sprechen mit jenem Mehr an Bedeutung quasi über das Subjekt hinaus in einen Raum, der zurückwirkt auf das Subjekt als die Er-fahrung der ‚Instrumentalisierung’oder diskursiven Ein-bindung des Gesprochenen in mitunter andere Sinnzusammenhänge, als es intendiert war.
Lacan will gleichwohl das Subjekt von diesen Einhegungen entbinden (da diese Verpflichtungen der symboli-schen Ordnung das Subjekt u.a. hindern, etwas von seinem Begehren wahrzunehmen), wie gleichzeitig dieses Pontential des Mehr an Bedeutung ausschöpfen in der Rede des Subjekts über sich selbst. . . . Dagegen favorisiert Habermas eine Form der Ich-Psychologie,  weswegen sein Konzept des Subjekts eine solche mit sich selbst identische Perspektive bereithält im völligen Gegensatz zu Lacans Konzeption“. Kurz ausgedrückt: Für Habermas ist das Subjekt ich-bewusste Identität, es ist in theoretischer und praktischer Hinsicht vernunftfähig. Bei Lacan ist das Subjekt in sich gespalten, es ist dem unbewussten Begehren unterstellt und muss sehen, wie es mit den verschiedenen libidinösen Strebungen zurande kommt.
Die Motive des Unbewussten sind also für Habermas „sprachlos“, und deswegen ist für ihn ja ein psychisch Unbewusstes grundsätzlich fragwürdig. Doch Lacan meint ja, dass „das Unbewusste strukturiert ist wie eine Sprache, wie die Sprache des Anderen“, aber was, wenn diese Sprache aus altägyptischen Hieroglyphen, Wortbildern, oder chinesischen Schriftzeichen besteht, die keiner zu lesen vermag? Wenn sie wirklich die Sprache des Anderen ist, diesmal geschrieben mit großem A ohne Querstrich, wie Lacan den/das unbewusst Andere(n) normalerweise schreibt (nämlich als A mit Querstrich? Dann wird immer mehr deutlich, dass Habermas das Bild-Wirkende, den imaginären Signifikanten, das Strahlt, die ‚Ordnung der Blicke‘, vollkommen unterschlägt. Er tut dies vielleicht auch deswegen, weil die klassische Psychoanalyse ebenso eine reine Bilder- oder Blick-Sprache nicht so direkt und deutlich  herausstellt. Vielmehr finden sich diese in Gegenübertragungen, Affekten, Träumen oder gar unbe-wusster Kreativität wie ich sie vom Psychoanalytiker S. Leikert noch zitieren werde, eher schwer zugänglich wieder. Lacan selbst hat versucht, diesen Mangel durch seine Beschäftigung mit der Topologie, seiner Fadengeometrie oder der Dreier-Zopf-Metapher des Bo-Knotens ein bisschen auszugleichen.
Philosophen sind sublime Neurotiker, meinte Freud, doch ihre Gedanken sind so weit sublimiert, so weit verfeinert und vergeistigt, dass man ihnen die Neurose nicht mehr ansieht. Aber sie ziehen sich mit ihren Gedanken wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Ungewissheiten, und so erreichen sie doch gewisse Höhenflüge, die Substanz haben. Man könnte umgekehrt argumentieren, nämlich dass bei ihnen und so auch spezi-ell bei Habermas zwar eine Verdrängung vorliegt, die im Sinne einer psychischen Abwehr ihn dazu veranlasst hat, so ein umfangreiches Werk zu produzieren. Denn es gibt auch definitiv gekonnte, gelungene, Verdrängungen, wie sie all die sogenannten Angepassten schon im frühesten Lebensalter bei sich herstellen. Sie passen sich ständig an den Anderen an, und indem sie damit eine Art Norm erzeugen, verdrängen sie gekonnt die in die Norm nicht passenden Strebungen. Warum also nicht sagen, dass Habermas – und viele seiner Kollegen – gelungen ver-drängen. Indem sie sich zwar nicht der Norm angepasst haben, haben sie dennoch ein großartiges Werk abgeliefert, das den kleinen nur normiert Normalen eine neue Normalität aufzeigt. Sie haben ihre Verdrängung gelungen mit der Norm ausgeglichen. Jetzt muss man nur noch Habermas mit Lacan verbinden, um diese Normalität nicht nur den intellektuellen Lesern, den theoretischen Vernünftlern, sondern allen, auch allen zugänglich zu machen, was ich mit der Analytischen Psychokatharsis ermöglichen will.
Wie gesagt und hier nunmehr in einer erweiterten Darstellung des Bo-Knotens dargestellt, orientieren sich so-wohl Habermas wie auch die Psychoanalyse hauptsäch-lich am Symbolischen, das für sich allein genommen stets vom Tod bedroht ist.  Auch das Reale, das im Bo-Knoten von breit gefassten Begriff des Lebens, des Vitalen gekennzeichnet ist, lässt sich nur durch die oben genannte Vermutungsdichte mehr und mehr beschreiben, aber es bleibt als Inbegriff des Lebens in seiner Verbundenheit mit dem Tod (speziell in seinem aneinander Vorbeisprechen) und dem Körper (speziell in seinen Körperbildern) eine ständige Hürde, die Grenze des Nicht-Weiter-Kommens oder des sogenannten Vorwärts-Scheitens.
Nicht viel besser sieht es mit dem Imaginären aus, das isoliert durch die Körperbilder, das stark Bildhafte des Körpers, oder noch besser ausgedrückt durch die oben zitierte und von mir hier ein bisschen  anders herum formulierte ‚Unordnung der Blicke‘, die vom Visionären bis zur Halluzination reichen, angedeutet ist. Speziell dieses betrifft das von der Psychoanalyse und der Philosophie Missachtete oder die von Lacan nur geometrisch vermittelte Spiegelungserfahrung, die von der Blicklüsternheit bis zur Blickzähmung durch Kunst, Film und anderes scheinbar uferlos alles übertüncht. Das beste Beispiel dieser nur geometrisch-topologisch gefassten ‚Unordnung der Blicke‘ stellt der von Lacan zu einem Zopf – Dreier-Zopf nennt er es – gewickelten Bo-Knoten dar. Damit lässt sich vieles anschaulich machen, aber nicht wirklich vermitteln. Eben deswegen will der Philosoph sich nicht damit beschäftigen und der Psychoanalytiker muss zu sogenannten ‚Enactments‘ und diffusen Gegenübertragungsdeutungen greifen, wie man solche Interventionen in der Psychoanalyse nennt, wenn man eine Deutung ohne ausreichenden Hintergrund bzw. nur mit dem Hintergrund des Dreier-Zopfes gibt.
Im Verfahren der Analytischen Psychokatharsis konnte ich den Mittelweg zwischen Habermas und Lacan finden, in dem ich der Sprachbezogenheit, der Sprachpragmatik beider, die ich ja das Wort-Wirkende nenne, treu geblieben, füge aber das Bild-Wirkende, die ‚Unordnung der Blicke‘, in einer Weise hinzu hinzu, die eine konkrete, unmittelbare Verbindung der beiden herstellt, und zwar durch die Verwendung dessen, was ich die Formel-Worte nenne. Das Formel-Wort ist ein wichtiger Bestandteil der Analytischen Psychokatharsis, und ich habe es aucf meiner Webseite (analytic-psychocathrsis.com) und in vielen weiteren Büchern genau erläutert. Hier vorerst nur so viel: es handelt sich um eine Formulierung, die in einem einzigen Schriftzug von verschiedenen Stellen, also verschiedenen Buchstaben aus gelesen, eine andere Bedeutung hervorbringt. Ich schreibe deswegen gerne von den B(r)uchstaben und stelle schon einmal eine derartige Formulierung in der nebenstehenden Abbildung dar.  
In der Abbildung habe ich einen derartigen Schriftzug aus der lateinischen Sprache verwendet. Im Kreis geschrieben kann man also von etlichen Buchstaben angefangen Unterschiedliches lesen. So z. B. VIDEO  RARE, Ich nehme ungewöhnlich wahr, DE  ORARE  VI,  Vom Sprechen mit Überzeugungskraft, EO  RARE VID(E), Dorthin schau selten! Es sind noch einige weitere Phrasen darin enthalten, deren Inhalt nicht wichtig ist, ja unsinnig sein kann, denn es soll ja nur darum gehen, des Unbewusste damit anzuregen, ja zu provozieren, indem solch eine Formulierung rein gedanklich meditiert wird. Nur so wird das Unbewusste den eigentlichen Sinn, den Coup der unbewussten Wahrheit zustande bringen, was ich im Folgenden und speziell im Anhang ausführlich erläutern werde. Und nur so kann man das Unbewusste, die wirkliche Neuroinformatik studieren und nicht so, wie Neurowissenschaftler es uns vormachen.