Yoga and Psychoanalyse - Überarbeitet

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Nun ist es im üblichen Yoga so, dass der Guru in der Meditation infolge dieser Ur-Übertragung wie meist ‚anwesend‘ erscheint, entweder visuell oder einfach nur „gespürt“ wie es z. B. Bhagwan Raijneesh, der Show-Guru der Siebziger Jahre empfahl. Als seine Schüler ihn fragten, wie sie in der Meditation ihren Kopf auch noch von der leersten, gähnendsten Leere leermachen sollten, empfahl er durch die auftretende große Angst hindurchzugehen und nicht zu erschrecken, wenn dann seine physische Gegenwart, seine „Anwesenheit zu spüren“ wäre: D. h. er entließ seine Schüler in eine Art Halluzination, um sie auf diese Weise die Angst überwinden zu lassen, riskierte aber dafür deren geistige Störung.17 Denn wie soll der Schüler jemals von der Anwesenheit als Gegenwart, als Präsenz von etwas Physischem loskommen, also von dem Gefühl, dass immer zwei real spürbar im Raume sind, wie der Guru es empfiehlt, wenn man eigentlich alleine da ist? Auf jeden Fall wird dadurch die Übertragung nicht aufgelöst, sondern nur verschoben, was nichts bringt.

Ich habe schon ethische Lebensweise, vegetarische Ernährung und die regelmäßigen Meditationen erwähnt, die im Surat Shabd Yoga ebenso dieser Hinsicht wirkten. Sie verschoben die Ur-Übertragung in gewiss ökologischganz sinnvolle Aktionen. Man musste zwei Übungen machen, deren erste in der Konzentration auf das innere ‘Licht’ bei gleichzeitiger rein gedanklicherWiederholung der Sanskritnamen bestand. Bei der zweiten Übung sollte man sich auf den ‘Laut’ konzentrieren. Kirpal Singh gab von beiden Übungen eine sogenannte „Ersthanderfahrung“. Schließlich – und darin liegt im Yoga wiederum das Entscheidende und Problematische – sollte diese Meditation dahin führen, den ‚Meister‘ innerlich genauso wie auf der äußeren Ebene zu ‚sehen‘ und mit ihm ‚sprechen‘ zu können. Den Guru sichtbar, wahrnehmbar zu verinnerlichen ist also ein im Yoga generell üblicher Vorgang. Was im Surat Shabd Yoga hinzukam, war allerdings dieses „sprechen“ mit dem inneren Guru, dieses innere Spricht. Was in der Psychoanalyse indirekt, mittels Übertragung und Deutung erarbeitet wird, muss im Yoga offensichtlich innerlich direkt stattfinden und gelöst werden.

Ich habe gerade ‚sehen‘ und ‚sprechen‘ in Anführungszeichen geschrieben, weil man dies alles nicht so als absolut und unmittelbar verstehen darf. Erstens ist es befremdlich, dass man mit jemanden innerlich kommunizieren

17 Bhagwan Shree Rajneesh, Sprengt den Fels der Unbewusstheit (1979)