Bild und Sprache

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Leider haben viele Autoren diese Bildtheorie schrecklich umständlich erklärt. Lacan geht nämlich zuerst vom perspektivischen Sehen aus, so wie es sich bei uns Kulturmenschen seit dem Mittelalter verfestigt hat. Bei Kindern und Primärvölkern finden wir noch ein anderes Sehen vor, das ganz stark an Indentifizierungen gebunden ist. Das heißt, diese Menschen sind noch mit dem, was sie sehen, fast identisch, fühlen sich zumindest irgendwie so den Dingen und Objekten sehr, sehr nahe. Lacans Bildtheorie verbindet nun beide Arten des Sehens in einem Schema, das ich hier verändert und dadurch besser verständlich wiedergebe. Links findet sich dieser universelle, intermediäre „Blick", mit dessen „Licht" gesehen wird (und was ich immer als ein „Strahlt" bezeichnet habe), aber auch ich mich angesehen erfahre. In einem besonderen Punkt dieses „Strahlt" errichtet dieser Blick ein Bild von mir als Ich, also ein ich-bezogenes Bild auf der rechten Seite.

Das Ich selbst, also ich insofern ich denke, was ich bin, bin ganz rechts in einem Punkt, der ich unter vielen anderen Punkten bin. Dort sehe und „visiere" ich und bin somit ein „Bild-Ich".  Ich bin hier nur ein Subjekt der Vorstellung, ich bin hier mehr im Imaginären,  nicht  im  Realen.

Im Originalton J. Lacan heißt dies so:  „Vom Grund auf bestimmt mich im Sichtbaren der Blick, der im Außen ist [universelle, intermediäre Blick]. Durch den Blick trete ich ins Licht und über den Blick werde ich desselben teilhaftig. Daraus geht hervor, dass der Blick das Instrument darstellt, mit dessen Hilfe das Licht sich verkörpert, mund aus diesem Grund werde ich . . . photo - graphiert [bild-geschrieben, bild-gesprochen]. Es geht hier nicht um das Problem . . der Vorstellung, der Repräsentation. Wenn es um die Vorstellung geht . .  vergewissere ich mich als Bewusstsein, das weiß, dass es nur Vorstellung ist" (Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, Walter 1980).

Nun kommt hinzu, dass speziell beim Menschen dieses ganze Feld der Visibilität oder Visualität gekreuzt wird von dem Schirm oder dem Filter des Sprechens und der Sprache. Während die Blick- und Lichtstrahlen hin- und hergehen, werden sie gebrochen von einem halbdurchlässigen oder maskenartigen beweglichen Schirm oder Filter. Somit weiter bei Lacan: „Das menschliche Subjekt, das Subjekt des Begehrens, welches das Wesen des Menschen ausmacht - unterliegt im Gegensatz zum Tier, nicht ganz diesem imaginären Befangensein. Es zeichnet sich aus. Wie das ? In dem Maße, wie es die Funktion des Schirm herauslöst und mit ihr spielt. Tatsächlich vermag der Mensch mit der Maske [dem Schirm oder Filter] zu spielen, ist er doch etwas, über dem jenseits der Blick ist [Licht-Blick]. Der Schirm ist hier Ort der Vermittlung." Und diese Vermittlung erreicht natürlich die Ausmaße des Symbolischen, der Sprache und des Sprechens. Daraus, speziell aus dieser Schirmfunktion will ich das entwickeln, was ich letztendlich das Subjekt-Bild nenne, das - wie erwähnt - zwar jeder für sich selbst finden muss, ich jedoch über ein generelles Subjekt-Bild (also eines, dass für viele Subjekte gelten kann) und somit fast in der Form eines Wappens, eines Gütesiegels, eines Logos oder heraldischen Zeichen als hilfreiche Stütze anbieten kann (also eine ideale Verbindung von Wort- und Bildhaften).

Ich nehme hier als Beispiel ein Gütesiegel von Veganern, das ganz geschickt dieses Worthafte und Bildhafte miteinander verbindet, indem es das „V" als Teil des Bildes und Stengel und Blätter wiederum als Teil des Namens verwendet. Vielleicht könnte man es - jetzt jedoch als ein Logo für vegetarisch, veganisch, vegetativ etc. - noch stärker stilisieren und nur „Veg" schreiben und das „e" und „g" ebenfalls noch zu Pflanzenteilen verformen.  Viele  hätten  zu „Veg"  dann  die  gleichen Assoziationen gehabt und somit wäre es in einem gewissen Bereich ein Subjekt-Bild für wohl sehr viele Menschen gewesen. Doch wie das nächste Bild zeigt, ist dies gar nicht mehr so sicher. ich will ja hier nicht für „Veg" mit Blume werben, sondern für Bild und Sprache, für Kunst und (psychoanalytische) Wissenschaft. Denn wer Kunst und Wissenschaft vereint, sagte schon Goethe, der hat auch Religion.

Nun gut, um Religion geht es mir auch nicht, da dieser Begriff schon zu sehr mit dem Konfessionellen, also  speziellen Bekenntnissen verbunden sind wie Christen und Moslems, die sich ja eher die Köpfe einschlagen. Sagen wir halt eben, wer Kunst und Wissenschaft vereint, findet auch etwas Übergeordnetes. Und deshalb lässt sich in dem als nächten angekündigten Bild gar nicht mehr so sicher sagen, was bei den einzelnen Betrachtern nunmehr passiert. Denn das „V" ist nun nicht mehr so einfach und direkt als „V" zu erkennen. Hätte man das erste Bild nicht gesehen, würde man also unvorbereitet an das Logo herangehen, sieht man vielleicht zuerst einmal mehr die Pflanze, ihre Blätter und Blüten im Vordergrund. Man liest vielleicht nur ein „eg". Der Blick würde überhaupt zwischen den bildhaften und worthaften Teilen eine Zeitlang hin- und herschwanken. Und genau dies findet ja - wie in den Ausführungen zur Bildtheorie zu lesen war - zum Subjekt-Bild.